Gespräch mit Gert Schoppa, Präsident des Landesverbands Berlin der Gartenfreunde
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Zum Beitrag des Verfassers„Wut und Misstrauen retten keinen einzigen Kleingarten“
Die Krise des Bezirksverbands Pankow beschäftigt nicht nur die Kleingärtnerinnen und Kleingärtner in Pankow, sondern in ganz Berlin und darüber hinaus. In der Debatte um die dortigen Vorgänge hat sich der Landesverband der Gartenfreunde bisher weitgehend zurückgehalten. Nun hat sich Gert Schoppa, der Präsident des Landesverbands, deutlich zu Wort gemeldet: Er kritisiert die destruktive Haltung mancher „Aufklärer“ und weist Pauschalverdächtigungen gegen das Kleingartenwesen und alle dort engagierten Ehrenamtlichen zurück.
Die Redakteure der Verbandszeitschrift "Berliner Gartenfreunds" sprachen mit Gert Schoppa über seinen Mahnruf, die Auswirkungen der Pankower Affäre auf das Kleingartenwesen und den schwierigen Neustart im Bezirksverband.
Herr Schoppa, in der Diskussion um den Bezirksverband Pankow haben Sie das Wort ergriffen und ungewöhnlich deutlich Stellung bezogen. Warum?
Die schweren Erschütterungen, denen die Kleingärtnerinnen und Kleingärtner im Bezirksverband Pankow seit mehr als einem Jahr ausgesetzt sind, haben auch den Landesverband getroffen. Als Dachorganisation von 18 selbstständigen Bezirksverbänden in Berlin tragen wir keine direkte Verantwortung für das Handeln der einzelnen Vorstände. Darum haben wir den verbliebenen Pankower Vorstand auf seine Bitte hin bei den Bemühungen um eine Sanierung unterstützt, aber uns aus der öffentlichen Debatte weitgehend herausgehalten. Doch jetzt ist ein Punkt erreicht, an dem das gesamte Berliner Kleingartenwesen zunehmend in Misskredit gebracht wird. Mit Unterstellungen, falschen Verdächtigungen und bewussten Verkürzungen wird insbesondere in den sozialen Medien der Eindruck erweckt, dass Betrug, Korruption und Veruntreuung zum Geschäftsmodell des gesamten Kleingartenwesens in Deutschland gehören würden. Dem muss ich, auch im Auftrag unserer Mitglieder, mit aller Deutlichkeit und mit Nachdruck widersprechen.
Wen machen Sie für diesen neuen Ton in der medialen Aufarbeitung der mutmaßlichen Veruntreuung von Verbandsgeldern verantwortlich?
Schon seit Bekanntwerden der Vorwürfe gegen die damalige Vorsitzende und ihr Umfeld beobachte ich ein großes Interesse der Berliner Medien an den Vorgängen in Pankow. Eine offene Kommunikation ist wichtig und trägt zur Aufarbeitung bei. Der Vorsitzende des Vereins „Brandbrief“ hat in der Vergangenheit dazu beigetragen, die aus heutiger Sicht offenkundig kriminellen Vorgänge im ehemaligen Vorstand öffentlich zu thematisieren. Seit einiger Zeit aber häufen sich aus dieser Richtung Beiträge, in denen das gesamte Kleingartenwesen in Berlin und darüber hinaus pauschal verunglimpft wird. Darüber hinaus werden Personen, die sich für den Bezirksverband einsetzen, in einer Art und Weise angegriffen, die weit unter jeder Gürtellinie liegt. Es entsteht der deutliche Eindruck, dieser Verein sei nicht an einer schonungslosen Aufklärung interessiert, sondern führe eine persönliche Fehde, um den Bezirksverband zu zerstören. Dazu wird sogar eine Organisation ins Spiel gebracht, die keinerlei Erfahrung in der Verwaltung von Kleingartenanlagen besitzt. Das bedeutet, die Pankower Kleingärtner einer ungewissen Zukunft auszusetzen. Schaut man sich die vermeintlichen Lösungsansätze des Vereins „Brandbrief“ näher an, dann haben sie außer dem Wunsch nach einer Generalabrechnung keinerlei Substanz, sie sind allein geprägt von Wut und Misstrauen, allem und jedem gegenüber.
Wut und Misstrauen – das sind Gefühle, die angesichts der Enthüllungen und ihrer fatalen Folgen für die Pankower Kleingärtnerinnen und Kleingärtner durchaus verständlich sind ...
Absolut! Aber dabei stehen zu bleiben und die eigene Wut zu pflegen, ist nicht konstruktiv und rettet keine Parzellen. Zerstörerisch ist aber vor allem, daraus einen Generalverdacht abzuleiten und zu unterstellen, das gesamte Berliner Kleingartenwesen – mit Ausnahme der selbst ernannten „Aufklärer“ – sei korrupt oder setze sich nicht dagegen ein. Die Wahrheit sieht nämlich anders aus: Tausende Männer und Frauen sind in den Organisationen des Berliner Kleingartenwesens ehrenamtlich tätig, um die Selbstverwaltung der rund 70.000 Kleingärten in der Stadt zu ermöglichen. Ihnen gebührt Dank und große gesellschaftliche Anerkennung. Verkürzte Informationen und Halbwahrheiten zerstören Vertrauen eher, als dass sie dazu beitragen würden, es aufzubauen bzw. zurückzugewinnen.
An welcher Stelle wird mit verkürzten Informationen gearbeitet?
Der Bezirksverband musste in den vergangenen Monaten einer Vielzahl von Halbwahrheiten entgegentreten. Nehmen wir die Schulden des Bezirksverbands, von denen behauptet wurde, sie lägen bei mehr als zwei Millionen Euro: In der Tat haben die Gläubiger Forderungen in dieser Höhe geltend gemacht. Eine beeindruckende Summe, wenn man Angst und Misstrauen weiter anheizen will! Was der „Brandbrief“ verschweigt, ist die Tatsache, dass nur ein Teil der Forderungen vom Insolvenzverwalter anerkannt wurde. Der hohe sechsstellige Betrag, der am Ende übrigbleiben wird, ist immer noch besorgniserregend. Ihn aber zusätzlich und wider besseres Wissen so aufzubauschen, ist manipulativ und in meinen Augen schon längst mehr als nur fahrlässig.
Immer wieder werden auch die „Doppelzahlungen“ der Pacht im vergangenen Jahr kritisiert.
Dass nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens viele Pankower Kleingärtnerinnen und Kleingärtner ihre Pacht und Grundstückskosten noch einmal bezahlen mussten, war eine Zumutung – gar keine Frage. Aber in der damaligen Situation war es der einzig gangbare Weg, um weitere Kündigungen wegen Zahlungsverzug zu vermeiden. Auch hier wird mit Fehlinformationen gearbeitet, nämlich mit der Behauptung, die erneute Zahlung helfe nur den Schuldigen, sich vor Schadenersatzzahlungen zu drücken. Tatsächlich bestehen die Ansprüche auf Schadenersatz weiterhin, werden aber wohl erst nach einem langem Verfahren geklärt. Um es ganz deutlich zu machen: Die „Doppelzahlung“ der Pacht hat nicht den Bezirksverband gerettet, sondern den unangetasteten Bestand der Pachtverträge.
Welche Halbwahrheiten gab es noch?
Der Vorstand des Bezirksverbands musste noch einigen anderen Falschbehauptungen entgegentreten, sei es zur Notwendigkeit von Beitragszahlungen auch in der Insolvenz oder zur Sicherheit der Pachtverträge. Auch die Aussage, es gäbe nur ein Entweder-oder zwischen der Fortführung des Bezirksverbandes und dem sofortigen Rücktritt der verbliebenen Vorstandsmitglieder, ist das Paradebeispiel eines „falschen Dilemmas“. Ein Trick von Populisten, mit dem eine Entscheidung suggeriert wird, die so gar nicht getroffen werden muss. Natürlich ist es möglich, den Bezirksverband fortzuführen UND die Verantwortlichen zu kritisieren und zur Rechenschaft zu ziehen. Einschließlich aller Schadenersatzforderungen! Wer das bestreitet, verleugnet die Realität. Jetzt hat der Bezirksverband mit seinem Newsletter offenkundig ein geeignetes Medium gefunden, in unaufgeregter und vor allem sachlicher Weise Informationen zu vermitteln. Das nützt den Pankower Gartenfreunden sicher weit mehr als Stimmungsmache und tendenziöses Geschrei.
Im Kreuzfeuer der öffentlichen Debatte steht seit langem auch die Besetzung des amtierenden Pankower Vorstandes. Wie beurteilen Sie dessen Arbeit?
Ich bin nur Außenstehender, wenn auch mit einem großen Interesse daran, dass dem Bezirksverband Pankow ein Neustart gelingen möge. Dieses Ziel verfolgt auch der amtierende Vorstand, und schon allein deshalb bin ich diesen Mitgliedern für ihre Arbeit sehr dankbar. Ihre Ausgangsposition war denkbar schlecht: Vier der einstmals sieben Vorstandsmitglieder waren im Frühjahr 2023 zurückgetreten, der Verband war zahlungsunfähig, die Geschäftsstelle kurz vor dem Erliegen. In dieser Situation haben die übrigen drei Vorstandsmitglieder den Mut bewiesen, den Verband nicht sich selbst zu überlassen. Zusammen mit einem vierten Mitglied, das in den Vorstand kooptiert wurde, haben sie den Geschäftsbetrieb wieder ins Laufen gebracht. Der Vorwurf, dass sie ihre Tätigkeit nutzen, um eigenes Fehlverhalten zu vertuschen, entbehrt jeder Grundlage. Die Untersuchungen werden ja nicht vom Bezirksverband gesteuert, sondern vom Insolvenzverwalter. Er ist derjenige, der während des Insolvenzverfahrens den Vorstandsmitgliedern sagt, wo es langgeht – auch finanziell. Also, ich hoffe, dass sie, in ständiger Abstimmung mit dem Insolvenzverwalter, weiterhin eine gute Arbeit machen, bis ein neuer Vorstand gewählt ist.
Eine gekürzte Version dieses Interviews erscheint in der Mai-Ausgabe 2024 des „Berliner Gartenfreunds“. Die Veröffentlichung erfolgt hier mit freundlicher Genehmigung des Verlags W. Wächter.
Nachrichten auf der Webseite des Bezirksverbands Pankow:
Den Gastbeitrag von Gert Schoppa zum Verein „Brandbrief“ finden Sie hier:
https://www.gartenfreunde-pankow.de/news/verein-brandbrief-stellt-tausende-ehrenaemtler-unter-generalverdacht-/14524
Näheres zu den Schulden des Bezirksverbands:
https://www.gartenfreunde-pankow.de/news/schulden-des-bezirksverbandes-koennten-im-hohen-sechsstelligen-bereich-liegen-/14589
Informationen zur Arbeit der Personalfindungskommission:
https://www.gartenfreunde-pankow.de/news/neun-kandidaten-fuer-den-neuen-vorstand-des-bezirksverbands-/14523
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