Kleingartenverein Erlenstraße
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Verfasst am 14.12.2022 um 16:00 Uhr

Gärtnern im 21. Jahrhundert -Fachberatung neu Denken

Leitlinien der Fachberatung    

Mit der Fachberatung sorgen Vereine und Verbände für eine gute gärtnerische Praxis im Kleingartenwesen. In Berlin werden Kleingärten auf einer Fläche von 2.900 Hektar „beackert“. Das sind 29.000.000 Quadratmeter – eine stattliche Zahl. Umgerechnet entspricht die Fläche über 4.000 Fußballfeldern für die Bundesliga. Das will gepflegt werden. Aber wie?


Gärten nicht einfach nur „konsumieren“
Mit dieser beträchtlichen Fläche aus der Summe unserer Kleingärten mag vielleicht die große Verantwortung für Natur und Umwelt in Berlin veranschaulicht werden. Was ist denn heutzutage eine gute gärtnerische Praxis? Es ist das nachhaltige, naturnahe Gärtnern und das Wissen um die komplexen ökologischen Zusammenhänge. Daher gilt es, nicht nur von „alten Hasen“ abzugucken, sondern selbstverantwortlich auf Umweltverträglichkeit, Artenvielfalt und Gartenhygiene zu achten. Unsere Gärten sollen nicht nur für Spaß und Spiel „konsumiert“ werden.


Ressourcenschutz plus ökologische Aufwertung
Die Herausforderungen des Gärtnerns im 21. Jahrhunderts sind zum einen der nachhaltige Umgang mit den Ressourcen Boden, Wasser und Luft. Zum anderen die Förderung der (heimischen) Tier- und Pflanzenvielfalt; Schaffung von „Lebensräumen“ neben der kleingärtnerischen Nutzung.


Klimaveränderung: der Fachberater wird zum Umweltberater
Der Klimawandel schreitet immer schneller voran und bringt Veränderungen mit sich. Das Kleingartenwesen sollte hier Vorreiter für Veränderungen in der Stadtgesellschaft werden. Wir tuen was gegen den Klimawandel! Die Auswirkungen der langanhaltenden Trockenperioden sind nicht zu übersehen. Auch hier könnten Gartenfachberater-/in den Gartenfreunden zur Seite stehen. Denn auch in diesem wichtigen ökologischen Thema werden Gartenfachberater im Landesverband ausgebildet und können ihr Wissen weitertragen. Als zukünftige Klima- oder Umweltberater in unseren Kleingartenanlagen von Berlin. Es ist schon viel Passiert zu diesem Thema und die Umstellungen in vielerlei Hinsicht hat gerade erst begonnen. Es wartet eine große Herausforderung auf uns. Packen wir es an !


Grundlage der Fachberatung
Grundvoraussetzung zur Erlangung und für den Nachweis der Gemeinnützigkeit ist laut Bundeskleingartengesetz (§2) die fachliche Betreuung der Mitglieder einer Organisation. Bei der Novellierung des Gesetzes 1994 wurden in §3 Abs.1 die Aufgaben des Fachberaters erweitert. Es gilt, dass „die Belange des Umweltschutzes, des Naturschutzes und der Landschaftspflege (...) bei der Nutzung und Bewirtschaftung des Kleingartens berücksichtigt werden“ sollen.
Der Fachberater berät unteranderem den Vorstand und die Vereinsmitglieder über naturgemäßes und umweltbewusstes Gärtnern (Mittel und Methoden zur Gesunderhaltung von Pflanze und Boden) im Sinne des Bundeskleingartengesetzes. Er kann dies praktisch über Vorführungen und Übungen sowie theoretisch z.B. über Merkblätter, Gespräche und Fachvorträge machen. Er kann dies aber auch zu Sprechzeiten im Verein, bei Gartenbegehungen, bei einem Stand auf Veranstaltungen oder oder spontan über den Gartenzaun tun. Auch der Bereich neuer Medien sollte stärker für die Gartenfachberatung eingesetzt werden, um schnelle, moderne und zielgerichtet Fragen und Lösungen für die Mitglieder anzubieten.


Die Tätigkeit eines Fachberaters ist nur dann von Erfolg gekrönt, wenn die Zusammenarbeit mit dem Vorstand funktioniert. Von Vorteil wäre es deshalb, wenn der Fachberater auch Vorstandsmitglied ist, um genauso ernst genommen und gleichwertig behandelt zu werden wie andere Vorstandsmitglieder. Seine Funktion im Verein ist von fundamentaler Wichtigkeit und darf in keinem Verein fehlen oder überhaupt in Frage gestellt werden!


Im Dreiklang für den Kleingarten
Es gibt drei Dinge, die bei Gartenfreunden teilweise immer noch fest verankert sind. Dabei sollten sie längst der Vergangenheit angehören. Es handelt sich um:


1. Die Verwendung von Torf, Stichwort „Gärtnern ohne Torf“
2. Den Einsatz von leichtlöslichen chemisch-synthetischen Düngern

3. Die Anwendung von Glyphosat und anderer Herbizide


Es braucht keinen Torf im Garten
Torf gehört nicht in den Garten, sondern sollte im Moor verbleiben, damit der Lebensraum Moor erhalten bleibt. In einem naturnahen Garten benötigen Sie ohnehin keinen Torf. Denn als wichtigstes Bodenverbesserungsmittel, steht hier der Kompost an erster Stelle.


Sie sollten sich immer vor Augen führen, dass der weltweite Torfverbrauch die Erderwärmung zusätzlich verstärkt. Denn im gelagerten Torf sind große Mengen an Kohlendioxid gebunden. Intakte Torfflächen binden ca. 700 Tonnen CO2/ha. Das ist ca. sechs bis sieben Mal mehr, als die gleiche Fläche Wald bindet. Wird der Torf abgebaut und kommt mit Sauerstoff in Kontakt, zersetzen sich die organischen Stoffe und das CO2, das über Jahrstausende der Atmosphäre entzogen wurde, wird wieder freigesetzt.


Torf entwickelt sich zudem sehr langsam. Bis sich eine Schicht von 1 m bildet, vergehen bis zu 1.000 Jahre. Die Menschheit hat innerhalb kürzester Zeit bereits viele Moorgebiete vernichtet. Mit der Zerstörung verlieren auch viele Tier- und Pflanzenarten ihre Lebensgrundlage. Moore bedecken nur ca. 3 % der Landfläche unserer Erde, aber sie binden doppelt so viel Kohlenstoff wie alle Wälder der Welt.


Dabei gibt es mittlerweile viele Alternativen zum Torf, wie z.B. Komposterden, Rindenhumus, Holzfasern oder Laub- und Nadelstreu.


Für eine gleichwertige Blumenerde oder andere Substrate werden Komposte z.B. mit Lava, Bims, Sand, Perlite oder auch mit Ton versetzt. Diese Substrate können in den Nährstoffgehalten und im pH-Wert allerdings stärker schwanken. Das müssen Sie beim Kauf von torffreien Erden/Substraten bedenken. Das sollte jedoch kein Hinderungsgrund für deren Kauf sein.


Vermutlich stellt sich Ihnen die Frage, warum wurde bzw. wird Torf überhaupt gern eingesetzt? Die Tatsache ist, dass Torf keine Nährstoffe enthält und man ihn ganz gezielt aufdüngen kann. In Bezug auf die Wasserversorgung stellt Torf allerdings keinen guten Pflanzstoff dar. Zumindest wenn er einmal ausgetrocknet ist, denn dann lässt er sich nämlich nur schwer wieder befeuchten. Ansonsten ist Torf aber ein guter Wasserspeicher.


Wir Gartenfreunde können durch einen Verzicht auf Torf den Umweltgedanken stärken und so einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Der Landesverband kommt so auch seinen Verpflichtungen gegenüber seinen Kooperationspartnern, der Stiftung Naturschutz sowie der Stadtgesellschaft nach.


Was sollten wir Gartenfreunde also jetzt machen?
• Arbeiten Sie bitte ohne Torf im Garten!
• Der Vorstand sollte es offiziell in die Gartenordnung aufnehmen (Torfverzicht) umsetzen und kontrollieren!
• Betreiben Sie aktive Kompostwirtschaft und damit Kreislaufwirtschaft in Ihrem Garten!


Keine synthetischen Dünger verwenden
Nachhaltig Gärtnern bedeutet, keine leichtlöslichen chemisch-synthetischen Dünger im Garten einzusetzen. Verzichten Sie daher auf solche Dünger in Ihrem Kleingarten, es gibt genügend Alternativen.
Der Nachhaltigkeitsgedanke beruht auf dem Einsatz natürlicher und nachwachsender Wirkstoffe für unsere Pflanzen, wie zum Beispiel Pflanzenjauchen, Kompost, Hornspäne, Schafswoll- oder Rinderpellets und Algen. Der organische Dünger muss den mineralischen Dünger im Garten ablösen.


Denn ein großes Problem ist die Grundwasserbelastung durch zu hohe Nährstoffeinträge durch leichtlösliche Dünger.


Wir möchten den Umweltgedanken unter den Gartenfreunden weiter stärken und damit einen weiteren Punkt im Vertrag mit der Stiftung Naturschutz und der Stadtgesellschaft einlösen.


Was sollten wir Gartenfreunde jetzt machen?
• Arbeiten Sie bitte ohne leichtlösliche mineralische Dünger (wie z.B. Blaukorn) im Garten!
• Der Vorstand sollte es in die Gartenordnung aufnehmen (kein Einsatz von leichtlöslichen synthetischen Düngern), umsetzen und kontrollieren! 

• Aktive Kompostwirtschaft betreiben!
• Einsatz von diversen organischen Düngern im Garten!


Verbot von Herbiziden und anderen Mitteln
Es ist an der Zeit, das umstrittene Pflanzenschutzmittel Glyphosat zur Unkrautbekämpfung in Kleingärten zu verbieten. Der Wirkstoffsteht im Verdacht, krebserregend zu sein. Schon aus gesundheitlicher Sicht ist hier eine Handlung notwendig. Darüber hinaus sollten alle Herbizide (Unkrautvernichter) aus dem Kleingarten verbannt werden. So können wir nach unserem Leitbild und der Kooperationsvereinbarung mit der Stiftung Naturschutz die hohe Bedeutung des ökologischen Gärtnerns klarer herausstellen.


Was sollten wir Gartenfreunde jetzt machen?
• Kein Einsatz von Herbiziden im Kleingarten!
• Der Vorstand sollte es in die Gartenordnung aufnehmen (kein Einsatz von Herbiziden), umsetzen und kontrollieren!


Helfen auch Sie mit, das naturnahe Gärtnern weiter zu stärken und unsere Vereine zukunftssicherer zu machen.


Leitlinien Dialog
Hiermit möchte die Kommission Fachberatung allen Mitgliedern und Vorständen unsere Leitlinien der Landesgartenfachberatung vorstellen. Wir möchten Sie mitnehmen, auf einen Weg in eine nachhaltige und zukunftsorientierte Organisation und Ihnen durch die ausgefertigten Leitlinien ein Gerüst für Ihre zukünftige Arbeit in Ihren Verbänden mit in die Hand geben.


Wie bei vielen Ideen gehört der Austausch mit den Mitgliedern selbstverständlich dazu. Sollten Sie also noch weitere Ideen oder auch Veränderungen der Leitlinien der Landesgartenfachberatung wünschen, sind wir offen für einen Dialog. Wir als Kommission Gartenfachberatung möchten, dass wir gemeinsam an den Leitlinien des Landesverbandes in jedem Bezirk und in jeder Kleingartenanlage mitarbeiten und den nachfolgenden Generationen ein zukunftsfähiges Kleingartenwesen hinterlassen.


Leitlinien zur guten gärtnerischen Praxis
• Nachhaltiges, ökologisches und naturnahes Gärtnern
• Anwendung aller Maßnahmen des Integrierten Pflanzenschutzes und Vermeiden von chemischen Pflanzenschutzmaßnahmen, wo immer es geht
• Verzicht auf Unkrautvernichtungsmittel (Herbizide) im Garten
• Aktive kleingärtnerische Nutzung betreiben
• Verzicht auf leichtlösliche, synthetische und mineralische Dünger im Garten • Verzicht auf Torf im Garten

• Humusgehalt im Boden erhöhen bzw. erhalten mit einer aktiven Kompostwirtschaft • Kein Umgraben des Bodens, sondern ein Aufreißen bzw. Lockern des Bodens
• Schaffung von offenen Flächen im Garten (z.B. für Wildbienen)
• Verzicht auf Anpflanzung oder Verbreitung von invasiven Pflanzen

• Ganzjährige Bodenbedeckung im Obst- und Gemüsebeeten schaffen (z.B. Nachpflanzen, Mischkulturen, Gründüngung, Mulchen)

• Einsatz von Mischkulturen und Gründüngung im Garten
• Erhaltung und Förderung alter Sorten
• Anlegen bzw. Schutz von Biotopen (z.B. Teich, Totholzhaufen, Benjeshecke, Trockenmauern) • Schaffung von Nistmöglichkeiten für die Tierwelt (z.B. Fledermauskästen, Insekten-

Nisthilfen, offenen Flächen am Wegesrand, Böschungen usw. für Erdnester von Wildbienen etc.)
• Nahrungspflanzen für Insekten so auswählen, dass sich die Blütezeit über das ganze Jahr erstreckt.
• Einsatz von umweltfreundlichen und nachhaltigen Materialien im Garten
• Vermeidung bzw. Verringerung jeglicher Versiegelung im Garten
• Effektive und gezielte Bewässerung im Garten (z.B. Regenwasser auffangen, Einsatz von Tröpfchenbewässerung),
• Vermeidung von Wasserverschwendung im Garten (z.B. Poolwasser) • Eindämmung der Lichtverschmutzung im Garten und der KGA
• Einhaltung bestehender Gesetze, Reglungen, Verordnungen

(z.B. Naturschutzgesetz, Gartenordnungen, Satzung)


Für ökologische Gärten, gesunde Umwelt und gesunde Menschen!

 

 

 

Sven Wachtmann, Vorstandsmitglied für Fachberatung

11/2022

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