Kolonie am Erlengrabenteich

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Verfasst am 06.11.2024 um 11:07 Uhr

Weniger Hecke bringt mehr Weitblick    

Das Vorwort der November-Ausgabe 2024 der Verbandszeitschrift Berliner Gartenfreund bringt es auf den Punkt.    

Diese Diskussion gehört zu den Klassikern im Kleingartenverein, und Vorstände müssen sie jedes Jahr aufs Neue führen: Warum muss ich meine Hecke stutzen? Und warum auf 1,25 Meter? Die einfachste Antwort lautet: Weil es in der Gartenordnung oder im Pachtvertrag steht. Und weil das Bundeskleingartengesetz vorsieht, dass Kleingärten einsehbar sein müssen.


Das mögen viele Gartenfreundinnen und -freunde nicht hören, die sich gerne als verwegene Individualisten sehen und keine Einmischung in ihre Gartenhoheit dulden wollen. Nun ist das mit der Hoheit so eine Sache, wenn einem der Garten eigentlich gar nicht gehört. Eigentümer ist oft das Land Berlin, manchmal die Bahn oder diverse private Eigentümer. Da allen bekannt ist, wie wertvoll Flächen in der Großstadt sind, muss uns klar sein: Viele unserer Gärten sind potenzielles Bauland. Wie schnell grüne Kolonien zu Großbaustellen werden können, zeigt sich leider immer wieder in Berlin. Und der einzige Schutz, den wir haben, ist das Bundeskleingartengesetz! Wir sollten keinen Vorwand bieten, uns unsere Gärten wegzunehmen. Kleingartenanlagen sind nicht nur für die Pächter da, sie sind Erholungsgebiete für alle. Das macht sie so wertvoll für unsere Stadt. Die Anlagen sollen öffentlich zugänglich und die Parzellen einsehbar sein. Alle, die vorüberlaufen, -spazieren oder -radeln, sollen sich an den Gärten erfreuen dürfen. Schließlich ist geteilte Freude doppelte Freude.


Mir macht es jedenfalls Spaß, über den Gartenzaun zu plaudern oder einfach nur zu grüßen. Mein Garten liegt direkt am Priesterweg, einer kleinen Straße, die mitten durch das Schöneberger Südgelände führt. Ich bin neugierig und möchte sehen und nicht nur hören, was jenseits von Zaun und Hecke passiert und wer vorübergeht. Ende 2023 habe ich meine hohe, dichte, schreckliche Thujahecke vom Bagger roden lassen und eine lichte, niedrige Vogelschutzhecke gepflanzt. Das Ergebnis ist toll! Der Garten hat Weite gewonnen und ist viel kommunikativer.


Na klar, manche Gartenfreunde sind auf Kommunikation gar nicht so erpicht und würden sich lieber hinter ihrer Hecke verstecken. Aber so ein hoher Sichtschutz zur Außenwelt kann auch zum Sicherheitsrisiko werden. Wer allein im Garten arbeitet, ist vielleicht sehr froh, wenn er bei einem Unfall oder anderen Zwischenfällen rechtzeitig gesehen wird und nicht hilflos am Boden liegen bleibt.


Und gerade jetzt in der dunklen Jahreszeit werden Lauben vermehrt von unerwünschten Personen heimgesucht. Was werden die wohl bevorzugen? Einen gut einsehbaren Garten oder ein Winterquartier hinter einer hohen Hecke?


Also, es gibt genug gute Gründe, zur Heckenschere zu greifen. Genau jetzt ist die Zeit, um eure Hecke auf 1,25 Meter zu bringen. Hört bitte auf, mit euren Vorständen zu diskutieren, und verleiht eurem Garten mehr Weitblick!


Susanne Trampe

1. Vorsitzende KGA Einigkeit am Priesterweg, Schöneberg


Dieser Textbeitrag ist in der November-Ausgabe 2024 der Verbandszeitschrift Berliner Gartenfreund als Editorial erschienen. Mit freundlicher Genehmigung der Autorin hat der Landesverband Berlin der Gartenfreunde e. V. den Text auch online veröffentlicht und im Webseiten-Netzwerk "Gartenbund" für die News angeschlossener Verbände und Vereine freigegeben.


Fotos: Marion Kwart (beide Motive stammen aus Kleingartenanlagen in Berlin)