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Verfasst am 12.02.2024 um 16:12 Uhr

Kein Anspruch auf „Ablöse“    

Pächterwechsel: Aktuelles Urteil bestätigt Pflicht zur Herausgabe ohne Wenn und Aber    

Wieviel Geld gibt es für die gut erhaltene Laube? Das ist nicht Verhandlungssache, sondern wird in der Wertermittlung vom Bezirksverband festgelegt.

Was kostet ein Kleingarten? Eine rein rhetorische Frage, denn wir alle wissen: Kleingärten stehen nicht zum Verkauf. Gemeint ist der Kaufpreis für Anpflanzungen und Aufbauten bei einem Nutzerwechsel. Bei der Wertermittlung gibt es immer wieder unterschiedliche Auffassungen zwischen dem Verpächter und dem abgebenden Nutzer. Häufiger Streitpunkt sind Beseitigungsforderungen des Verpächters, der rechtskonforme Zustände nach dem Bundeskleingartengesetz (BKleingG) herstellen will und muss. Solche Beseitigungsauflagen mindern natürlich die in der Wertermittlung festgestellte Endsumme. Immer wieder genutzte, aber in der Regel nicht stichhaltige Argumente des abgebenden Pächters sind „Das hat Bestandsschutz“ oder „Das hab ich so vom Vorpächter übernommen“ oder „Die Beseitigung wurde in vorherigen Nutzerwechseln ja auch nicht verlangt“.


Laube ist keine Wertanlage

Oft wird leider vergessen, dass die Nutzung eines Kleingartens jeder Person – weitgehend unabhängig von ihren sozialen und finanziellen Verhältnissen – offenstehen muss. Mit diesem Vorteil für die Allgemeinheit rechtfertigen sich u.a. die Restriktionen des BKleingG gegenüber dem Bodeneigentümer: Dieser kann weder die Pacht frei wählen noch beliebig über eine anderweitige Nutzung der Fläche bestimmen.


Für den Pächter bedeutet das: Seine Laube kann keine Wertanlage sein, sie muss für jedermann erschwinglich bleiben. Ohnehin sieht ja der § 3 Abs. 2 BKleingG nur „eine Laube in einfacher Ausführung“ vor, luxuriöse Ausstattungen wie Einbauküchen, komplette Bäder, Heizungs- oder Klimaanlagen sind fehl am Platz. Die Wertermittlungsrichtlinie des Landesverbands ignoriert daher zu Recht Sondereinbauten bei der Bewertung der Laube.


Viele Kleingärtner hegen und pflegen ihre Laube hingebungsvoll und mit (z. T. notwendigem) finanziellem Aufwand. Eine neue Dacheindeckung kostet schon mehrere Tausend Euro, neue Fenster, neuer Putz, eine schicke Außenverkleidung machen die Laube nicht nur lieb, sondern auch teuer. Das Bewusstsein, nur für eine befristete Zeit auf fremden Grund und Boden kleingärtnerisch tätig zu sein, wird da schnell vom Stolz auf das „eigene Grundstück“, wie viele ihre gepachtete Parzelle selbstbewusst benennen, verdrängt. Dann ist die Enttäuschung eines abgebenden Pächters groß, wenn er nach all diesen Ausgaben für seine Laube nur einen Bruchteil des erhofften Ergebnisses in der Wertermittlung sieht. Schon wegen der Altersabschreibung wird die Wertermittlung der Laube deutlich geringer ausfallen als der ursprüngliche Kaufpreis.


Nach Erklärung der Zusammenhänge (Anpflanzungen und Aufbauten als Scheinbestandteile des Grundstücks nach § 95 BGB, BGH-Urteil vom 21.2.2013 – III ZR 266/12, gesetzeskonforme Bebauung zur Sicherung der Kleingartenanlage, pachtvertragliche Vereinbarung zum Pächterwechsel u.a.m.) haben die meisten Pächter Verständnis und ermöglichen, eventuell leicht missmutig, einen reibungslosen Nutzerwechsel.


Pächterin verlangte 20.000 Euro

Doch vereinzelt gibt es abgebende Pächter, die doch noch auf ihren Wunschpreis für die Laube kommen wollen – entweder mit einem fingierten Kaufvertrag über die Übernahme des Inventars zu horrenden Preisen oder mit undokumentierten Barzahlungen. Soweit solche Tricksereien bekannt werden, kann der Verpächter dagegen durchaus erfolgreich vorgehen.

In einem Fall war die Diskrepanz zwischen dem Ergebnis der Wertermittlung von 1.600 Euro und den Wunschvorstellungen der abgebenden Pächterin besonders hoch: Sie setzte den Wert ihrer Laube mit mindestens 20.000 Euro an und weigerte sich konsequent, einen Nutzerwechsel auf der Basis der Wertermittlung zu vollziehen. Dem Bezirksverband blieb nichts anderes übrig, als anderthalb Jahre nach Kündigungstermin auf Herausgabe und Räumung der Parzelle zu klagen. Das Amtsgericht Pankow hat dieser Klage 2023 rechtskräftig stattgegeben. Die Urteilsbegründung ist ebenso prägnant wie abschließend: „Der Kläger hat einen Anspruch aus § 546 i. V. m. § 581 (2) BGB auf die Räumung und Herausgabe der … Parzelle. Denn das Pachtverhältnis ist durch die von der Beklagten erklärten Kündigung beendet. Auf alles Weitere kommt es nicht an, insbesondere nicht auf den Streit um die Bewertung der Aufbauten und Anpflanzungen, aus welchem der Beklagten auch kein Zurückbehaltungsrecht erwächst.“ (AG Pankow 101 C 70/23)


Keine Deals mit Parzellen!

„Auf alles Weitere kommt es nicht an“ – das ist ein Argument, das künftig viele Diskussionen zwischen abgebendem Pächter und Verpächter vereinfacht und verkürzt. Sofern pachtvertragliche Regelungen nichts anderes vorsehen, hat der Pächter weder einen Anspruch auf eine bestimmte „Ablösesumme“ noch darauf, bestimmte Teile von Aufbauten auf der Parzelle zu belassen. Es liegt naturgemäß im Interesse aller Kleingartenvereine, frei werdende Parzellen zügig in einem gepflegten Zustand an einen Nachpächter zu übergeben. Es ist aber auch das Interesse, ja die Pflicht des Verpächters, den Pächterwechsel zur (Wieder-)Herstellung rechtskonformer Zustände zu nutzen. Und es ist unser aller Interesse, dass der Pächterwechsel nicht zu einem Spekulationsobjekt verkommt!


Holger Thymian, 1. Vorsitzender des Bezirksverbands der Kleingärtner Weißensee e. V.


Dieser Textbeitrag ist in der Verbandszeitschrift Berliner Gartenfreund, März 2024, Seite 26-27 erschienen. Das PDF unten erscheint hier mit freundlicher Genehmigung des Verlags W. Wächter.

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