Im Rechtsbeitrag der November-Ausgabe 2021 der Verbandszeitschrift „Berliner Gartenfreund“ behandelte Rechtsanwalt Sven Kohlmeier die juristische Lage in Fällen, in denen Kleingartenpächter nicht mehr auffindbar sind. Siehe „Wenn der Gartennachbar verschollen ist“ im Themenbereich ‚Pächterwechsel‘.
Kleingärtner ohne Erben
Dazu erreichte die Redaktion die Nachfrage einer 1. Vorsitzenden einer Kleingartenanlage in Berlin-Tempelhof:
„Mit großem Interesse habe ich Ihren Beitrag gelesen. Es blieben leider die Fälle unerwähnt, in denen ein Unterpächter ohne unmittelbare Erben verstarb. In unserer Anlage ist eine Unterpächterin verstorben, deren Nachlasspfleger sich erst sechs Monate nach ihrem Ableben meldete. Sowohl der Bezirksverband als auch der Kleingartenverein haben ihr Interesse an einer baldigen Klärung bezüglich einer Neuverpachtung bekundet. Dennoch ist wegen Betretungsverbot und eventueller Sachbeschädigung wenig geschehen, und die entsprechende Parzelle verwildert vor aller Augen. Welchen Rat können Sie uns in dieser Angelegenheit geben, die sicherlich kein Einzelfall in der Praxis ist?“
Rechtsanwalt Sven Kohlmeier antwortete im Februar 2022 im Berliner Gartenfreund:
Mit dem Tod des Pächters endet der Pachtvertrag (§ 12 Abs. 1 Bundeskleingartengesetz). Wenn es weder Erben noch Ehe oder Lebenspartner gibt und auch kein Testament vorliegt, dann tritt, bei einem Wohnsitz in Berlin, das Land Berlin als gesetzlicher Erbe ein und erbt die Gegenstände auf der Parzelle.
Erkundigungen einholen
Die Verpächter bekommen in der Regel vom Tod des Pächters nichts mit und werden darüber auch nicht informiert. Es ist also bei Anzeichen von Verwilderung oder bei langer Abwesenheit des Pächters zu empfehlen, Erkundigungen einzuholen und ggf. eine Einwohnermeldeanfrage zu stellen. Ist der Pächter verstorben, sollten sich die Verpächter an das Nachlassgericht (Amtsgericht am letzten Wohnsitzort) wenden, um dort zu erfragen, ob ein Erbschein erstellt wurde. Nur so kann man feststellen, ob es Erben für die persönlichen Gegenstände auf der Parzelle gibt oder ob das Land Berlin erbt.
Sind Gegenstände von Wert vorhanden?
Erbt das Land Berlin, ist das Verfahren tatsächlich aufwendiger, als wenn es unmittelbare Erben gibt. Der Antrag auf Bestellung eines Nachlasspflegers kann auch vom Verein oder Verpächter gestellt werden, wenn dieser Ansprüche gegen den Verstorbenen hat, z.B. auf Mitgliedsbeitrag. Mit dem Nachlasspfleger sollte man dann unmittelbar klären, ob überhaupt Gegenstände von Wert auf der Parzelle sind. Denn in der Regel ist das nicht der Fall, und auch die „geliebte Schrankwand“ hat tatsächlich keinen Wert mehr, sondern ist eher der Entsorgung zuzuführen. Befinden sich keine an die Erben zu übergebenden Gegenstände auf der Parzelle, kann die Bewertung der Parzelle erfolgen und die Entsorgung ist dabei als wertmindernder Faktor aufzunehmen.
Betreten ist erlaubt – mit Vorsicht
Mit dem Tod des Pächters endet auch sein Besitzrecht an der Parzelle und sie kann vom Verpächter oder seinen Beauftragten betreten werden. Doch Vorsicht: Solange nicht bekannt ist, ob es Erben gibt oder wer Nachlasspfleger ist, kann dabei leicht der Verdacht aufkommen, dass (Wert-)Gegenstände beiseitegeschafft werden. Daher sollten beim Betreten immer mehrere Vorstandsmitglieder anwesend sein, um einen etwaigen Vorwurf entkräften zu können. Notwendig wird das Betreten etwa, um das Wasser abzustellen oder Gefahren durch Verwahrlosung zu verhindern. Unzulässig dürfte es sein, Veränderungen vorzunehmen, da der Aufwuchs den Erben gehören könnte.
Sven Kohlmeier, Rechtsanwalt in Berlin, spezialisiert im Vereinsrecht