Personenbezogene Daten und ihr Schutz. Beitrag von Sascha Rinker (Rechtsanwalt)...
Öffentliche Aushänge und der Datenschutz
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I. Einleitung
In Kleingartenanlagen befinden sich häufig sog. Schaukästen/“Schwarze Bretter“, in denen die Kleingartenvereine öffentlich unterschiedliche Informationen (Nachrichten, Einladungen, Jubiläen, Ankündigungen, Mitteilungen usw.) bekanntgeben, die sowohl für Vereinsmitglieder der Kleingartenkolonie, als auch für Dritte öffentlich sichtbar sind.
Unter datenschutzrechtlichem Blickwinkel stellt sich die immer wieder aufkommende Frage, welche Informationen die Kleingartenvereine in einem solchen Schaukasten veröffentlichen dürfen. Die Beantwortung dieser Frage hängt maßgeblich davon ab, ob es sich bei den ausgehängten Informationen um personenbezogene Daten handelt. Nur wenn dies der Fall sein sollte, haben die Kleingartenvereine die noch zu erläuternden datenschutzrechtlichen Vorgaben zu beachten. Personenbezogene Daten sind alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare lebende natürliche Person (sog. betroffene Person) durch Schrift-, Bild- oder Tonaufnahmen beziehen. Hierunter fallen insbesondere der Name, das Alter, das Geburtsdatum, der Familienstand, die Zahl der Kinder, der Beruf, die Anschrift, die Telefonnummer, die E-Mail-Adresse, persönliche Interessen und das Datum des Vereinsbeitritts einer Person. Nicht erfasst werden Angaben über Verstorbene, wie beispielsweise in einem Nachruf für ein verstorbenes Vereinsmitglied.
Werden personenbezogene Daten durch den Verantwortlichen- dies ist beim eingetragenen Verein der Vorstand nach § 26 BGB- verarbeitet, indem sie etwa erhoben, erfasst, verwendet, offengelegt oder verbreitet werden, muss beachtet werden, dass jedes einzelne Vereinsmitglied wegen des grundrechtlich gesicherten Rechts des Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung grundsätzlich über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten selbst bestimmen kann. Daher ist es im Rahmen des Datenschutzes erforderlich, dass der Verantwortliche des Kleingartenvereins den Einzelnen davor schützt, dass er bei der Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten nicht in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird. Die Kleingartenvereine haben deshalb u.a. die ab dem 25. Mai 2018 geltenden Bestimmungen der Europäischen Datenschutzgrundverordnung („DSG-VO) und des Bundesdatenschutzgesetz („BDSG)“) zu beachten, um die rechtskonforme Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Betroffenen sicherzustellen. Andernfalls drohen den Vereinen Geldbußen, Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche.
Ob die Kleingartenvereine personenbezogene Daten rechtmäßig verarbeiten dürfen, richtet sich insbesondere nach Art. 6 Abs. 1 DSG-VO. Danach ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nur dann rechtmäßig, wenn sie mit Einwilligung der betroffenen Person erfolgt oder auf einer sonstigen Rechtsgrundlage beruht, die sich aus der DS-GVO oder dem BDSG ergibt. Es gilt der Grundsatz, das jede Verarbeitung personenbezogener Daten einer Rechtsgrundlage bedarf. In Betracht kommt insbesondere die Einwilligung der betroffenen Person.
Grundsätzlich nicht als Rechtsgrundlage für die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten in Vereinsschaukästen kommt die Vereinssatzung in Betracht, in der u.a. die Vereinsziele bzw. Vereinszwecke geregelt werden. Regelungen in der Satzung, die datenschutzrechtlich geschützte Positionen der Mitglieder im Hinblick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht beeinträchtigen, sind unwirksam, wenn der Verein durch die Satzung eine Verarbeitung personenbezogener Daten vorsieht, die weder für die Begründung und Durchführung des zwischen Mitglied und Verein durch den Beitritt zustande kommenden Mitgliedschaftsverhältnisses, noch für die Erreichung des Vereinszwecks erforderlich ist. Dies folgt aus dem Mitgliedschaftsverhältnis, wonach der Verein bei der Datenverarbeitung seiner Mitglieder die Datenschutzgrundrechte seiner Mitglieder angemessen berücksichtigen muss. Vorstehendes gilt ebenso für Mitgliederbeschlüsse des Vereins. In der Regel dürfte die Veröffentlichung der o.g. Daten in einem öffentlichen Vereinsschaukasten nicht erforderlich sein, damit der Verein seine satzungsgemäßen Ziele verfolgen kann.
II. Informationen ohne Personenbezug
Grundsätzlich unproblematisch ist es den Kleingartenvereinen gestattet, in den Schaukästen Informationen bereitzustellen, die keine personenbezogenen Daten aufweisen.
Beispiele:
- Einladungen zu Vereinsfesten, Veranstaltungen, Fachvorträgen
- Informationen über Beschlüsse des Vorstandes z.B. über das Befahren der Wege der Kleingartenanlage, Fachberatertipps usw.
III. Informationen mit Personenbezug
Problematisch wird es, wenn der Kleingartenverein Informationen veröffentlicht, die Personenbezug aufweisen, was üblicherweise der Fall ist. Obwohl sich die Vereinsschaukästen auf dem Vereinsgelände befinden und in erster Linie für die Vereinsmitglieder bestimmt sind, handelt es sich bei Veröffentlichung von personenbezogenen Daten um eine Übermittlung dieser Angaben an einen nicht überschau- baren Kreis von Adressaten, die Kenntnis davon nehmen können, weil nie ausgeschlossen werden kann, dass auch Fremde die Aushänge auf dem Vereinsgelände lesen. Daher sollten personenbezogene Daten der Vereinsmitglieder -sollte keine vorherige Einwilligung des Vereinsmitglieds vorliegen- grundsätzlich nicht veröffentlicht werden. Zwar könnte ein berechtigtes Interesse des Vereins an der Veröffentlichung personenbezogener Daten auch Rechtsgrundlage sein, wenn dieses für die Erreichung des Vereinszwecks unbedingt erforderlich ist und Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person nicht überwiegen. Empfohlen wird jedoch, die Veröffentlichung der personenbezogenen Daten nicht auf diese Rechtsgrundlage zu stützten, da es im Einzelfall nicht risikolos abschätzbar ist, ob die Voraussetzungen für diese Rechtsgrundlage tatsächlich vorliegen. In vielen Fällen dürften auch die schutzbedürftigen Belange der Vereinsmitglieder überwiegen.
Nebenbei sei bemerkt, dass bei Aushängen in Schaukästen zudem das im Kunsturhebergesetzes (KUG) geschützte Recht am eigenen Bild nicht verletzt werden darf. Voraussetzung für einen Bildnisschutz nach dem KUG ist das Vorliegen eines Bildnisses, d.h. eine Darstellung einer oder mehrere Personen, die eine äußere Erscheinung der Abgebildeten in einer für Dritte erkennbaren Weise wiedergibt. Bilder, auf denen die abgebildete Person nur im Hintergrund oder als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstiger Örtlichkeit erscheint, sind keine Bildnisse. Sollte ein Personenbildnis dennoch vorliegen und die abgebildete Person auch darauf erkennbar sein, ist zu beachten, dass eine Verbreitung oder öffentliche Zurschaustellung nur mit Einwilligung des Abgebildeten erfolgen darf.
IV. Beispiele
Beispiel 1: Der Kleingartenverein teilt im öffentlichen Aushang mit, dass das Mitglied X Hausverbot in der nahegelegenen Gaststätte hat, weil er regelmäßig betrunken randaliert.
Lösung: Unzulässig, da es sich um eine ehrenrührige Mittteilung handelt.
Beispiel 2: Der Kleingartenverein teilt im Schaukasten mit, dass das Vereinsmitglied V am 1. April 2019 seinen 80-jährigen Geburtstag feiert und benennt ihn hierbei namentlich. Rechtmäßig?
Lösung: Zulässig, wenn eine vorherige Einwilligung des Mitglieds hierzu vorliegt, welche bestenfalls bereits bei Vereinsbeitritt eingeholt werden sollte, falls solche Veröffentlichungen geplant sind. Teilweise wird auch berechtigtes Interesse des Vereins angenommen, wenn schutzwürdige Belange des Betroffenen nicht entgegenstehen, wobei im Einzelfall unsicher ist, wann dies der Fall ist (s.o. unter III.). Selbiges gilt für Fälle von Vereinsein- und -austritten sowie Jubiläen.
Beispiel 3: Der Kleingartenverein möchte das Glück des Vereinsmitglieds G teilen und veröffentlich die Information, dass der G am 18.08.2019 seine Ehefrau Z, die nicht Mitglied des Kleingartenvereins ist heiraten wird. Beide werden im Schaukasten namentlich und mit Adresse veröffentlicht. Zulässig?
Lösung: Ohne vorherige Einwilligung nicht, da es sich um Informationen aus dem persönlichen Lebensbereich des Vereinsmitglieds handelt.
Beispiel 4: Der Kleingartenverein veröffentlich im Namen des Bezirksverbandes ein Abmahnungsschreiben, welches an den Unterpächter U gerichtet wurde. Daraus ergibt sich, dass der U wegen mangelnder kleingärtnerischer Nutzung vom Bezirksverband abgemahnt wurde. Darf der Kleingartenverein das?
Lösung: Nein. Dies ist nicht zulässig. Insbesondere wird eine vorherige Einwilligung nicht vorliegen.
Beispiel 5: Der Kleingartenverein hängt öffentlich im Schaukasten ein Schreiben aus, aus dem sich für alle sichtbar ergibt, dass der Unterpächter U sich im Zahlungsverzug befindet, weil er erhebliche Pachtrückstände gegenüber seinem Bezirksverband hat.
Lösung: Öffentliche Aushänge, über offene Beitragsforderungen von einzelnen Mitgliedern durch Aushang in einem Schaukasten mit namentlicher Nennung des Nichtzahlers sind grundsätzlich unzulässig. Er wäre nur dann zulässig, wenn das Mitglied zuvor in die Veröffentlichung eingewilligt hätte (was aber nie vorkommen dürfte). Auch kann eine rechtmäßige Veröffentlichung nicht durch eine Regelung in der Satzung herbeigeführt werden. Dies wird in erster Linie mit dem überwiegenden allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und dem öffentlichen Druck begründet.
Beispiel 6: Funktionsträger eines Vereins
Das Vorstandsmitglied X verlangt von den übrigen Vorstandsmitgliedern unter Berufung auf den Datenschutz, dass Informationen über seine Funktion und seine Erreichbarkeit als Vorstandsmitglied durch den Verein nicht in einem öffentlichen Schaukasten veröffentlicht werden. Hat das Vorstandsmitglied X hierauf einen Anspruch?
Lösung: Nein. Funktionsträger eines Vereins dürfen ohne ausdrückliche Einwilligung sowohl mit ihrer Funktion als auch mit ihrer „dienstlichen“ Erreichbarkeit im öffentlichen Schaukasten eingestellt werden. Die private Adresse des Funktionsträgers darf allerdings nur mit seiner vorherigen Einwilligung veröffentlicht werden.
V. Fazit und Handlungsempfehlung
Die Veröffentlichung von Informationen im Vereinsschaukasten ist unproblematisch, wenn kein Personenbezug besteht. Sollte Personenbezug bestehen, sollte von der Veröffentlichung im Schaukasten grundsätzlich abgesehen werden, es sei denn es besteht nachweislich eine Einwilligung der betroffenen Person vor der Veröffentlichung.
Rechtsanwalt Sascha Rinker, Dipl. Jur. (Univ.)
Fachanwalt für Arbeitsrecht