Straßenreinigung: Nicht immer müssen Kleingartenanlagen die BSR-Kosten tragen
Privatweg oder Zufahrt?
Es ist unter Kleingärtnern allgemein bekannt, dass die Straßenreinigungsentgelte der BSR zu den öffentlichen Lasten gehören, die von Grundstückseigentümern zu tragen sind. Diese wiederum können die Entgelte gemäß § 5 Abs. 5 Bundeskleingartengesetz (BKleingG) auf die Kleingärtner umlegen, sodass im Ergebnis die Straßenreinigungsentgelte in vollem Umfang von den Kleingärtnern für die von ihnen genutzten Flächen getragen werden.
Allerdings gibt es auch Ausnahmefälle, die nicht aus dem Blickfeld verloren werden sollten, um unnötige Kostenbelastungen zu vermeiden.
Gesetzeslage: Öffentliche und Privatstraßen
Straßenreinigungsentgelte können erhoben werden, wenn das Land Berlin zur Straßenreinigung verpflichtet ist. Dies betrifft alle „öffentlichen Straßen“, die in den Straßenreinigungsverzeichnissen A und B aufgeführt sind. Bei diesen Straßen wird die Reinigung für das Land Berlin durch die BSR als öffentliche Aufgabe für die Anlieger und Hinterlieger durchgeführt. Für die im Straßenreinigungsverzeichnis C aufgeführten öffentlichen Straßen obliegt die Reinigung den Anliegern und Hinterliegern, so dass von der BSR keine Entgelte verlangt werden dürfen.
Zur ordnungsgemäßen Reinigung der „Privatstraßen des öf fentlichen Verkehrs“ sind dagegen die Eigentümer verpflichtet (§ 4 Abs. 2 StrReinG-Bln). Anlieger und Hinterlieger einer Privatstraße des öffentlichen Verkehrs nehmen die Straßenreinigung als eigene Aufgabe wahr mit der Folge, dass ihnen keine Straßenreinigungsentgelte in Rechnung gestellt werden können.
Als Anlieger gelten diejenigen Eigentümer, deren Grundstück an eine öffentliche Straße direkt angrenzt (§ 5 Abs. 1 Satz 1 StrReinG-Bln). Als Hinterlieger bezeichnet man diejenigen Eigentümer, deren Grundstücke nicht an eine öffentliche Straße angrenzen, aber von dort aus eine Zufahrt oder einen Zugang haben (§ 5 Abs. 1 Satz 2 StrReinG-Bln).
Von einer „Zufahrt“ oder einem „Zugang“ zu unterscheiden ist wiederum eine „Privatstraße des öffentlichen Verkehrs“. Das ist eine Verkehrsfläche, die eigenständig hinterliegende Grundstücke erschließt. Sie muss äußerlich erkennbar von der nächstgelegenen Verkehrsfläche abgegrenzt sein und nach Verkehrsfunktion, Ausstattung, räumlichem Umfang und Ausbau von einigem Gewicht sein (OVG Münster, Urteil vom 14.12. 1989 – 9A1717/88). Der Kreis der zu erwartenden Benutzer muss unbestimmt sein (VG Berlin, Urteil vom 31.10.2011 – 1K177.10). Die Privatstraße muss andere Wege und andere Grundstücke erschließen, um eine eigenständige Verbindungsfunktion aufzuweisen.
Reinigung der Berliner Straßen | ||
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durch | Häufigkeit | |
Verzeichnis A gut ausgebaut, innerhalb geschlossener Ortschaften | BSR | Reinigungsklassen: 1a: 10 x pro Woche 1b: 7 x pro Woche 2a: 6 x pro Woche 2b: 5 x pro Woche 3: 3 x pro Woche 4: 1 x pro Woche |
Verzeichnis B außerhalb geschlossener Ortslagen, überwiegend innerer Verkehr | BSR | in der Regel 1 x pro Woche |
Verzeichnis C nicht oder ungenügend ausgebaut | Anlieger | in der Regel 1 x pro Woche |
Kleingärtenflächen als Hinterliegergrundstücke
Liegt eine Kleingartenanlage auf einem Hinterliegergrundstück, lohnt die Prüfung der Frage, ob sie von einer öffentlichen Straße über eine „Zufahrt“ erschlossen wird – dann werden BSR-Entgelte fällig – oder über eine „Privatstraße des öffentlichen Verkehrs“ – dann obliegt dem Eigentümer selbst die Reinigung. Für die Abgrenzung ist es nicht ausschlaggebend, ob alltagssprachlich der Begriff „Privatstraße“ oder „Privatweg“ verwendet wird.
Ebenso unerheblich ist es, ob die Straße bzw. der Weg vollständig befestigt ist. Denn es muss keine Schwarzdecke oder Betonfläche als Fahrbahn vorhanden sein. Die Privatstraße bzw. der Privatweg muss aber nach Breite und Ausbauzustand ein Befahren mit Kraftfahrzeugen zulassen und über eine (wenn auch private) Beleuchtung verfügen (vgl. LG Berlin, Beschluss vom 11.6.2019 – 36S9/18).
Entscheidend für die Abgrenzung ist damit, ob die Privatstraße die Kleingartenfläche wie eine „Sackgasse“ erschließt, ohne dass diese zu anderen hinterliegenden Grundstücken durchfahren werden kann. In diesem Fall liegt lediglich eine „Zufahrt“ oder ein „Zugang“ zur Kleingartenfläche vor, der Benutzerkreis ist auf die Nutzer der Kleingartenflächen begrenzt. Dies gilt erst recht, wenn durch Absperrvorrichtungen (z.B. Schlagbaum, Ketten, Poller, Verbotsschilder) eine Nutzung für die Allgemeinheit nicht möglich ist.
In einer aktuellen Entscheidung hat das Amtsgericht Tempelhof/ Kreuzberg (Urteil vom 30.11.2020 – 7C148/20) die Klage der BSR gegen einen Grundstückseigentümer abgewiesen, der vom Kleingarte verband unterstützt wurde. Die BSR wollte die Zahlung von Straßenreinigungsentgelten für eine hinterliegende Kleingartenanlage erreichen, doch die Richter entschieden: Das Grundstück werde über eine „Privatstraße des öffentlichen Verkehrs“ erschlossen und nicht über eine „Zufahrt“. Der Weg ist zwar unbefestigt, jedoch mit Pkw sowie mit Lkw bis 7,5 t befahrbar. Darüber hinaus ist der „Privatweg“ beleuchtet und erschließt zusätzlich weitere Wege, an denen andere Grundstücke angrenzen. Es kam nicht darauf an, dass auf dem „Privatweg“ ein Gegenverkehr mit Pkw nicht möglich ist und dass es keine Parkflächen zum Abstellen von Kraftfahrzeugen gibt. Entscheidend war allein, dass der Weg den öffentlichen Straßenverkehr aufnehmen kann und keine Absperrvorrichtung besitzt, die die Nutzung beinträchtigen könnte.
Härtefallregelung für Reinigungsentgelte
Die öffentlichen Straßen in den Straßenreinigungsverzeichnissen A und B sind entsprechend ihrer Bedeutung, der Verschmutzung und der Verkehrslage in Reinigungsklassen eingeteilt (siehe Kasten oben). Die Straßenreinigungsentgelte für Grundstücke werden für jede Reinigungsklasse in Einheiten pro Quadratmeter festgesetzt (§ 7 Abs. 3 StrReinG-Bln).
Bei Grundstücken, die an mehrere öffentliche Straßen in unterschiedlichen Reinigungsklassen angrenzen, ist die Grundstücksfläche jeweils mit dem Anteil anzusetzen, der sich aus dem Verhältnis der Grundstücksbreiten ergibt (Beispiel dazu siehe Kasten unten).
Wenn aber die Kleingartenfläche noch zusätzlich an eine Straße aus dem Verzeichnis C grenzt, liegt der Fall etwas anders: Nach den „Ausführungsvorschriften über die Zulassung von Ausnahmen von der mit der Anlieger- und Hinterliegereigenschaft verbundene Straßenreinigungsentgeltpflicht bei privaten Grundstücken“ vom 7.7.2014 liegt gemäß Ziffer 2.5 eine unzumutbare Härte vor, wenn bei dem betroffenen Grundstück zusätzlich zum BSR-Entgelt eine C-Straße zu reinigen ist.
In diesem Fall kann eine anteilige Heranziehung bei der Entgeltberechnung zugelassen werden (siehe Kasten unten). Zuständige Behörde für die Zulassung von Ausnahmen ist für ganz Berlin das Bezirksamt Lichtenberg – Amt für regionalisierte Ordnungsaufgaben. Die Härtefallregelungen gelten aber nicht für Grundstücke des Landes Berlin!
Stellt ein Privateigentümer einen Ausnahmeantrag nicht, obwohl er vom Bezirksverband auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme hingewiesen worden ist, dann kann der Bezirksverband die Zahlung der Straßenreinigungsentgelte teilweise verweigern: Er muss nur den Betrag zahlen, der sich nach Anwendung der Ausnahmevorschriftergeben würde. Denn der Grundstückseigentümer verstößt damit gegen das „Wirtschaftlichkeitsgebot“ gegenüber dem Bezirksverband, weil ihm die Stellung eines Ausnahmeantrags zumutbar ist, wenn der Bezirksverband anbietet, bei Erteilung einer entsprechenden Vollmacht den Antrag für den Privateigentümer zu stellen und das Verwaltungsverfahren in seinem Namen, aber auf eigene Kosten durchzuführen (vgl. LG Oldenburg, Kostenbeschluss vom 12.3.2020 – 4O3312/19).
Klaus Kuhnigk
Jurist für den Landesverband Berlin der Gartenfreunde e. V.
Berechnung der Reinigungsentgelte
Grenzt ein Grundstück an Straßen, die in unterschiedlichen Straßenreinigungsverzeichnissen und/oder verschiedenen Reinigungsklassen geführt werden, entsteht das Problem, wie die Straßenreinigungsentgelte korrekt zu berechnen sind.
Hierzu ein Beispiel: Eine Kleingartenfläche liegt an der X-Straße (Verzeichnis A, Reinigungsklasse 3, 465 m Straßenfront) und an der Y-Straße (Verzeichnis A, Reinigungsklasse 4, 66 m Straßenfront). Gesamtgröße der Kleingartenfläche 15.960 m2
Zur Berechnung des Straßenreinigungsentgeltes teilt sich das Gesamtgrundstück nach § 7 Abs. 4 StrReinG-Bln wie folgt auf (Ergebnisse gerundet):
Reinigungsklasse 3: 15.960 m2 x 465 m ÷ 531 m (465 m + 66 m) = 13.977 m2
Reinigungsklasse 4: 15.960 m2 x 66 m ÷ 531 m = 1983 m2
Liegt die Fläche zusätzlich noch an der Z-Straße (Verzeichnis C, 462 m Straßenfront) sieht die Berechnung bei Gewährung einer Ausnahme so aus:
Reinigungsklasse 3: 15.960 m2 x 465 m ÷ 993 m (465 m + 66 m + 462 m) = 7472 m2
Reinigungsklasse 4: 15.960 m2 x 66 m ÷ 993 m = 1060 m2
Dieser Textbeitrag ist in der Mai-Ausgabe 2021 der Verbandszeitschrift 'Berliner Gartenfreund', Seite 5/18 bis 5/19 erschienen. und mit freundlicher Genehmigung des Autors auch hier online.
Foto (Ausschnitt): Pixabay